Mehr Frauen ins Handwerk
Frauen führen in technischen Handwerksberufen immer noch ein Exotendasein. Wenn es nach der Handwerkskammer Reutlingen geht, soll sich das bald ändern. Mit regelmäßigen Schnuppertagen in ihrem Bildungs- und Technologie-Zentrum in Tübingen Derendingen will die Handwerkskammer auch Mädchen Lust auf technische Berufe machen. Im Rahmen ihrer Nachwuchskampagne sollen junge Frauen zudem besser über ihre Berufs- und Karrieremöglichkeiten im Handwerk informiert werden.
Schulabgängerinnen haben nach Ansicht von Sabine Pfingsttag, Lehrstellenwerberin der Handwerkskammer, gute Chancen einen Ausbildungsplatz zu finden, auch in technischen Handwerksberufen: „Viele Betriebe suchen händeringend nach qualifizierten Lehrlingen und wollen sich bei der Auswahl nicht mehr allein auf männliche Bewerber beschränken.“
Bedenken, dass die Mädchen etwa durch schwere körperliche Arbeit überfordert sein könnten, räumt Sabine Pfingsttag aus: „Diese Zeiten sind lange vorbei, mittlerweile wird in den meisten Berufen Muskelkraft durch Technik ersetzt.“ Betriebe, die weibliche Lehrlinge in einem technischen Beruf ausbilden oder ausgebildet haben, berichten meist von positiven Erfahrungen. Die jungen Frauen seien motiviert, zeigten gute Leistungen und Verantwortungsbewusstsein, heißt es.
Die Ausbildungszahlen sprechen eine deutliche Sprache: Im vergangenen Jahr waren 5394 Lehrlinge bei der Handwerkskammer Reutlingen registriert, darunter 1261 Mädchen; das entspricht einem Anteil von 23,4 Prozent. Dieser Wert ist schon seit Jahren weitgehend stabil. Die Hitliste der beliebtesten Ausbildungsberufe der Mädchen wird von der Friseurin angeführt, gefolgt von der Fachverkäuferin im Bäckerhandwerk, der Fachverkäuferin im Fleischerhandwerk und der Bürokauffrau.
In den Elektro- und Metallberufen blieb der Anteil weiblicher Lehrlinge mit 0,8 Prozent auch im vergangenen Jahr verschwindend gering. Im Bau- und Ausbaugewerbe waren es 3,1 Prozent. Nur wenige Mädchen scheinen sich für technische Berufe zu interessieren. Oder sie trauen es sich nicht zu. Nach Ansicht von Sabine Pfingsttag sind dafür in erster Linie fehlende weibliche Vorbilder und die geschlechterspezifische Erziehung verantwortlich: „Jungen wird gezeigt, wie man einen Autoreifen wechselt, Mädchen dagegen nicht.“
Mit dem bundesweiten Girls’ Day sollen Mädchen nun an technische Berufe herangeführt werden, damit sie diese später in ihrer Berufswahl berücksichtigen. „Ein persönlicher Bezug zum Ausbildungsberuf muss auf alle Fälle gegeben sein“, weiß Sabine Pfingsttag. Sie empfiehlt technikinteressierten Mädchen, sich um Betriebspraktika zu bemühen und beispielsweise die Berufsorientierungstage der Schulen dafür zu nutzen, mit ihren Interessen und Fähigkeiten zu experimentieren.
Nähere Informationen gibt es bei der Handwerkskammer Reutlingen, Telefon 0 71 21/24 12-2 67, und im Internet unter www.hwk-reutlingen.de/ausbildung.