Christiane Nowottny, stellv. Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer, Harald Herrmann, Handwerkskammer-Präsident, Gisela Splett, Staatssekretärin im Landesfinanzministerium, Christian O. Erbe, IHK-Präsident, und Dr. Wolfgang Epp, IHK-Hauptgeschäftsführer. Foto: Trinkhaus

25.01.2024

Neujahrsempfang 2024

Auch in diesem Jahr luden die Kammern gemeinsam Gäste aus regionaler Wirtschaft, Politik, Verwaltung und öffentlichem Leben zu ihrem traditionellen Neujahrsempfang in die Stadthalle Reutlingen ein.

Tenor der Veranstaltung: Die Wirtschaft braucht weniger Bürokratie und Vorschriften, dafür mehr Investitionen in Bildung und Innovation. Zudem wurde deutlich: Die Wirtschaft steht für eine offene Gesellschaft.

IHK-Präsident Christian O. Erbe begrüßte die rund 600 Gäste. In einem immer schwieriger werdenden Umfeld forderte er mehr Realitätsnähe von der Politik. "Wir drohen an der Bürokratie zu ersticken", machte Erbe deutlich. Politik sollte diejenigen Unternehmen unterstützen, die mit ihrer Innovationskraft das Land voranbringen. Zudem sollte angesichts der jüngsten PISA-Ergebnisse dringend in Bildung investiert werden. "Keine Investition ist so wichtig wie die in junge Menschen." In einem emotionalen Appell rief der IHK-Präsident zu Weltoffenheit und Toleranz auf. "Ich kann es nicht ertragen, wenn Menschen aus anderen Ländern angefeindet werden."

Bürokratie wie ein Brombeerdickicht Staatssekretärin Gisela Splett, die für den erkrankten Finanzminister Dr. Danyal Bayaz eingesprungen war, nahm den Faden auf. Zum Thema Investitionen sagte sie: „Wir hören gute Signale aus Berlin, dass es beim Wachstumschancengesetz weitergeht." Sie warb um Verstännis, dass es beim Bürokratieabbau nicht so schnell vorangehe, wie sie es sich selbst wünschen würde. "Unsere Gesetze sind wie ein verwuchertes Brombeerdickicht“, meinte sie, „die Politik sollte den Unternehmen mehr Eigenverantwortung zutrauen.“ Selbstkritisch gab sie zu, dass in jüngster Zeit die Kommunikation als auch die Zusammenarbeit der Parteien zu wünschen übriggelassen hätten. "Es wurden handwerkliche Fehler gemacht, aber die Art der Auseinandersetzung wie Ampeln am Galgen bringt uns nicht voran."

In der Podiumsdiskussion ging es nochmals um Bürokratieabbau. Désirée Grießhaber-Vetter, Geschäftsführerin der Bio-Metzgerei Grießhaber, beklagte: "Ich habe kaum Zeit, mich meinem eigentlichen Handwerk zu widmen. Ich habe die Unterstützung meiner Familie und kann auf deren Erfahrungsschatz zurückgreifen. Aber was ist mit anderen jungen Unternehmerinnen und Unternehmern, die das nicht haben?" Corinna Lettmann, Mitglied der Geschäftsleitung der Schöpfer GmbH & Co. KG und Vorsitzende der Wirtschaftsjunioren, erklärte, wie sie Vorschriften und unklare Zuständigkeiten an der Einstellung von ausländischen Fachkräften hinderten. Sie richtete zudem eine klare Forderung an die Politik. "Kita-Plätze sollten kostenfrei sein. Es muss sich für Frauen lohnen, wieder in den Job einzusteigen." Harald Herrmann, Präsident der Handwerkskammer, wünscht sich für das Handwerk, dass "man uns einfach schaffen lässt" und fügte hinzu: "Bürokratie verteuert unsere Dienstleistung künstlich."

In seinen Schlussworten beschwor Hermann den Wert der Demokratie. "Demokratie lebt vom Streit, aber auch vorm Respekt der Meinung der anderen." Er beklagte, dass dieser Respekt verloren gegangen sei. Wenn aus Unsicherheit innerhalb der Bevölkerung Angst, Panik und Krawall wird, stärke das die politischen Randgruppen. "Diese Situation hatten wir schon einmal und sind damit dramatisch gescheitert. Mein Dank gebührt all denen, die für die für Demokratie, Weltoffenheit und Toleranz auf die Straße gehen".