Regionaler Ausbildungsmarkt: Kleines Plus zu verzeichnen
Die Tendenz bei den Neuabschlüssen von Ausbildungsverhältnissen in den Handwerksbetrieben der Region ist weiterhin erfreulich. Bis zum 31. Oktober 2022 verzeichnet die Handwerkskammer Reutlingen 1.800 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge, ein Plus von 2,45 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
„Während zum Stichtag im Landesdurchschnitt ein Rückgang von 2,6 Prozent zu verzeichnen ist, können wir uns nach wie vor über ein kleines Plus freuen“, sagt Christiane Nowottny, Stellvertretende Hauptgeschäftsführerin und Geschäftsbereichsleiterin Berufsausbildung, Prüfungs- und Sachverständigenwesen der Handwerkskammer Reutlingen. Dennoch sind in den Betrieben der fünf Landkreise des Kammerbezirks zahlreiche Lehrstellen unbesetzt geblieben. Knapp 300 Lehrstellen warten noch auf Bewerberinnen und Bewerber, landesweit werden noch 2.137 Lehrstellen in Handwerk angeboten.
Nach zweieinhalb Jahren, in denen vor allem die Corona-Pandemie für einen starken Rückgang sorgte, ist das eine ermutigende Bilanz. Christiane Nowottny: „Die Betriebe haben ihr Angebot in dieser schwierigen Zeit keineswegs zurückgefahren, sondern beibehalten. Die Ausbildungsbereitschaft ist nach wie vor hoch und die Betriebe suchen händeringend nach Nachwuchs.“ Doch nahezu unverändert ist die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage. Die Gründe dafür sind vielfältig: immer weniger Schulabgängerinnen und -abgänger, der Trend zu höheren Schulabschlüssen und Studium und die geringe gesellschaftliche Wertschätzung beruflicher Qualifikation.
Daten der einzelnen Landkreise
Die Bilanz in den fünf Landkreisen des Kammerbezirks fällt uneinheitlich aus. In vier Kreisen liegt die Zahl der Neuverträge im Plus. Dazu zählt neben den Kreisen Reutlingen (plus 1,65 Prozent), Sigmaringen (plus 6,79 Prozent), Tübingen (plus 0,52 Prozent) auch der Zollernalbkreis. Dort wurden bislang 366 neue Lehrverträge geschlossen, eine deutliche Steigerung von 10,24 Prozent. Ganz anders die Situation im Kreis Freudenstadt. Mit 196 neuen Auszubildenden stellen die Freudenstädter Betriebe 21 Lehrstellen weniger als vor einem Jahr, das entspricht einem Rückgang von 9,68 Prozent.
Betrachtet man die Anzahl der eingetragenen Berufsausbildungsverhältnisse in ihrer Gesamtheit ergibt sich ein anderes Bild: Der Landkreis Tübingen verzeichnet aktuell 864 eingetragene Lehrstellen (plus von 0,58 Prozent), der Landkreis Reutlingen hingegen wartet bei 1.276 Lehrstellen mit einem Minus von 2,60 Prozent auf. (34 Lehrstellen weniger als im Jahr zuvor). Solche Schwankungen seien im Handwerk keineswegs unüblich, so Nowottny. Die Ursache sei in der Betriebsstruktur zu finden. „Kleine Betriebe, die durchgehend einen Ausbildungsplatz besetzen, tauchen nur alle drei bis vier Jahre in der Statistik auf, obwohl sie regelmäßig ausbilden.“
Klimaschützer von Beruf
Weitgehend unverändert in allen Landkreisen bleibt die Liste der beliebtesten Ausbildungsberufe. Den Spitzenplatz nimmt nach wie vor mit 226 Auszubildenden der/die Kraftfahrzeugmechatroniker/in ein. Auf dem zweiten Platz und im Vergleich zum letzten Jahr erheblich verbessert hat sich der/die Elektrotechniker/in für Energie- und Gebäudetechnik. In Tübingen um 43,24 Prozent, in Reutlingen sogar um 86,21 Prozent. „Alle sprechen von der Energiewende, das Handwerk macht sie. Immer mehr Jugendliche entscheiden sich deshalb für einen Handwerksberuf, der Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Energiewende vereint“, weiß Christiane Nowottny. „Elektroniker und Elektronikerinnen für Energie- und Gebäudetechnik sind wichtige Ansprechpartner für Nachhaltigkeits- und Energiefragen in allen Bereichen der Haustechnik. Zudem sind Modernisierung und Umstellung von alten Heizungsanlagen auf moderne, umweltfreundlichere Systeme ohne sie nicht denkbar. Für Klimaschutz kann man auf die Straße gehen und ins Handwerk“, so Nowottny weiter.
Der Anteil von Jugendlichen mit Abitur und Fachhochschulreife ist in diesem Jahr im Landkreis Tübingen erstmals von 102 auf 87 gesunken, im Landkreis Reutlingen hingegen von 85 aus 94 gestiegen. Deutlich mehr Jugendliche mit Mittlerem Bildungsabschluss fanden den Weg ins Handwerk. Im Landkreis Tübingen begannen 17 Jugendliche mehr eine Ausbildung, im Landkreis Reutlingen waren es drei Auszubildende mehr mit Mittlerer Reife. Dementsprechend sank der Anteil der jungen Menschen, die mit einen Haupt-schulabschluss in die Ausbildung gestartet sind, um gesamt 7,07 Prozent.
Noch 300 freie Lehrstellen
Auch in diesem Jahr sei der Start in die Ausbildung noch möglich, betont Nowottny. „Der spätere Einstieg stellt in der Regel kein Hindernis dar.“ Aktuell sind im Kammerbezirk noch 300 Lehrstellen zu besetzen. Für das Ausbildungsjahr 2023 sind bereits 1.156 Ausbildungsplätze gemeldet.
Alle freien Lehrstellen sind unter www.hwk-reutlingen.de/lehrstellensuche und mit der kostenfreien App „Lehrstellenradar“ abrufbar.