650 freie Lehrstellen für Flüchtlinge
Die Handwerksbetriebe im Bezirk der Handwerkskammer Reutlingen – also in den Landkreisen Freudenstadt, Reutlingen, Tübingen, Sigmaringen und Zollernalb – bieten 650 freie Lehrstellen und 450 Praktikumsplätze für Flüchtlinge und Asylbewerber an.
„Das ist äußerst erfreulich“, meint Harald Herrmann, Präsident der Handwerkskammer Reutlingen. „Es zeigt, dass das Handwerk bereit ist, Verantwortung zu übernehmen.“ Allerdings dürfe man sich keinen Illusionen hingeben, so Herrmann weiter: „Unabdingbare Voraussetzung für den Beginn einer Ausbildung sind ausreichende Sprachkenntnisse.“
Das zeigten auch die Anforderungsprofile, die in der Internetlehrstellenbörse der Handwerkkammer nachzulesen sind (www.hwk-reutlingen.de/ausbildung). Nicht zuletzt deshalb wolle sich die Handwerkskammer mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zunächst um die Sprache der Flüchtlinge kümmern: Die vom Land geförderten so genannten „Kümmerer“ könnten eigentlich erst dann tätig werden, wenn diese Grundlage geschaffen sei, so Herrmann.
„Darüberhinaus muss auch der Aufenthaltsstatus der Flüchtlinge eindeutig geklärt sein“, ergänzt Herrmann im Hinblick auf die Aktivitäten der zahlreichen ehrenamtlichen Helfer. Es sei kontraproduktiv wenn versucht werde, Flüchtlinge ohne geklärten Aufenthaltsstatus in eine Ausbildung zu vermitteln. Das führe im schlimmsten Fall – also wenn der Flüchtling abgeschoben werde – sowohl bei den beteiligten Betrieben als auch bei den Flüchtlingen zu Frustrationen.
An die Helferkreise gerichtet führte Herrmann aus, dass es nicht zielführend sei, Flüchtlinge in einfache Helferjobs zum Mindestlohn zu vermitteln. „Unqualifizierte Helfer sind die Ersten, die entlassen werden, wenn die wirtschaftliche Lage nicht mehr so gut wie zurzeit ist – zumal in einem Hochtechnologieland wie Deutschland einfache Helfertätigkeiten immer weniger gefragt sind.“
Um dieser Tendenz entgegenzuwirken schlug Herrmann vor, dass die Differenz zwischen Ausbildungsvergütung und Mindestlohn von staatlicher Seite aufgestockt werden solle. Dieser Betrag könne zum Beispiel als zinsloses Darlehen zur Verfügung gestellt werden. Das wäre sicherlich kostengünstiger, als wenn eine ungelernte Hilfskraft bei schlechteren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Arbeitslosengeld beziehen würde.
Herrmann verdeutlichte auch, dass die Handwerkskammer nicht zwischen Flüchtlingen, Helfern und Betrieben in weiteren Details vermitteln könne. „Das ist nicht unsere Aufgabe und dazu reichen unsere Kapazitäten auch bei weitem nicht aus.“ Flüchtlinge müssten sich direkt an die Betriebe wenden. Dazu dienten ja gerade die in der Online-Börse platzierten Angebote als bereits sehr hilfreiche Anknüpfungs- und Orientierungspunkte. Es brächte allerdings auch nichts, wenn Flüchtlingshelfer Bewerbungsschreiben in gutem Deutsch verfassten, die den realen Sprachkenntnissen des Flüchtlings nicht entsprächen.
Hinweisen wolle er aber auch darauf, dass diese freien Lehrstellen selbstverständlich auch für einheimische Bewerber offen stünden. Es gehe hier also nicht um eine Sondermaßnahme für Flüchtlinge. Insgesamt sind in der Lehrstellenbörse der Handwerkskammer über 1.600 freie Lehrstellen und 930 Praktikumsplätze zu finden.
Herrmann wies auch auf die große Sonderbeilage hin, die am 11. März 2016 in neun Zeitungen der Region mit einer Gesamtauflage von rund 150.000 Exemplaren erscheinen würde. Auch hier sind die Lehrstellen, die sowohl für Einheimische als auch für Flüchtlinge/Asylanten angeboten werden, eigens gekennzeichnet.
Die direkte Suche nach Angeboten für Flüchtlinge sei auch auf der Internetseite der Handwerkskammer Reutlingen komfortabel möglich (www.hwk-reutlingen.de/ausbildung). In leicht eingeschränktem Maß gelte das auch für die Internetseite www.lehrstellen-radar.de und die App „Lehrstellenradar 2.0“ für iPhones/iPads oder Smartphones mit dem Android Betriebssystem.