Wie soll ein Heizungsbauer nachweisen, dass er Brennerstörungen bei Privatkunden besser und wirtschaftlicher beheben kann oder den neuen Kessel fachmännischer und günstiger setzt als die kommunalen Stadtwerke?

25.11.2013

Degradierung des Handwerks auf's Subunternehmertum?

Das Land plant über eine Änderung der Gemeindeordnung und des Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit die Möglichkeiten der wirtschaftlichen Betätigung von Städten und Gemeinden auszudehnen und damit mittelfristig eine gesunde kleinbetriebliche Struktur mit selbständigen Handwerksunternehmern vor Ort zu zerschlagen.

„Offensichtlich vergessen die zahlreichen kommunalen Vertreter im Landtag, wer in ihren Städten und Gemeinden für stabile, sozialversicherungspflichtige Beschäftigungs- und Ausbildungsverhältnisse sorgt“, empört sich Joachim Möhrle, Präsident der Handwerkskammer Reutlingen. Offensichtlich wolle man Handwerksbetriebe nur noch als abhängige Subunternehmer der kommunalen Energieversorger und „Bauhofgesellschaften“ sehen.

Mit gutem Grund habe man bei der noch geltenden Subsidiaritätsklausel festgeschrieben, dass für die zulässige wirtschaftliche Betätigung eines kommunalen Unternehmens in privaten Wettbewerbsmärkten feststehen müsse, dass der damit verbundene Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Anbieter erfüllt werden könne.

Möhrle: „Künftig muss nun ein Handwerker beweisen, dass er die Leistung besser und wirtschaftlicher erfüllen kann als ein kommunales Unternehmen. Diesen Nachweis wird der Handwerksbetrieb faktisch nicht führen können.“

Denn wie solle ein Heizungsbauer nachweisen, dass er Brennerstörungen bei Privatkunden besser und wirtschaftlicher beheben kann oder den neuen Kessel fachmännischer und günstiger setzt als die kommunalen Stadtwerke? Wie soll ein ortsansässiger Straßenbauer belegen, dass er private Garageneinfahrten besser und wirtschaftlicher pflastert als der kommunale Bauhof? Oder wie solle ein örtliches Fotogeschäft, das allein von Hochzeitsfotografien und den Aufnahmen zur Feier von „Opas 75.“ nicht mehr leben könne, nachweisen, dass es Fotos für den elektronischen Personalausweis besser und billiger mache als das Einwohnermeldeamt?

Möhrle: „Das Handwerk stellt nicht die autonome Entscheidung einer Gemeinde in Frage, in welcher Form und Struktur sie sich innerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge betätigen will und auch muss. Da mischen wir uns nicht ein.“ Die wirtschaftliche Betätigung kommunaler Betriebe außerhalb der Daseinsvorsorge sei ordnungspolitisch jedoch völlig verfehlt. Dagegen sprächen allein die in der Regel günstigeren Kreditkonditionen, die Banken und Sparkassen kommunalen Unternehmen aufgrund des fehlenden Insolvenzrisikos einräumen und die so kalkulatorische Angebotsvorteile bewirken.

Möhrle: „Das geltende strenge Subsidiaritätsprinzip hat sich bewährt, weil es im Zweifel einer privatwirtschaftlich organisierten Leistungserstellung den Vorrang vor staatswirtschaftlichen Strukturen einräumt.“ Eine Lockerung würde nach Meinung der Handwerkskammer Reutlingen den unfairen Wettbewerb zwischen kommunalen und privaten Betrieben weiter verschärfen.

Das Ziel des im Jahre 2005 verschärften Gemeindewirtschaftsrechts, die Belange des Mittelstands und des Handwerks im Spannungsfeld von Kommunal- und Privatwirtschaft zu stärken, solle nun ohne Not über Bord geworfen werden: Dagegen setze sich das Handwerk zur Wehr, kündigte Möhrle an.