ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke (hier bei einem Besuch in der Handwerkskammer Reutlingen).

07.01.2013

Die neue Rundfunkabgabe

Zum Hintergrund: Der ZDH und die Handwerkskammern haben sich über viele Jahren intensiv an der Debatte über die Zukunft der Rundfunkfinanzierung beteiligt. Konkreter Anlass für das verstärkte Engagement war die 2007 in Kraft getretene Gebührenpflicht für internetfähige PC, wodurch erstmals auch Handwerksbetriebe zahlungspflichtig wurden, die keine klassischen Rundfunkgeräte nutzen.

Das Handwerk hat sich immer zu einer soliden Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bekannt. Im Vorfeld der Erarbeitung des neuen  Staatsvertrages haben wir eine ganze Reihe von Reformvorschlägen in die Diskussion gebracht, die eine zu starke Belastung von kleinen und mittleren Betrieben verhindern und ein möglichst einfaches unbürokratisches System installieren sollten.

ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke: „Das neue Finanzierungssystem belastet viele Unternehmen zusätzlich – insbesondere diejenigen, die keine oder nur wenige Rundfunkgeräte nutzen. Für Gewerbebetriebe ist die Neuregelung zudem unnötig kompliziert und wird vielfach auch als ungerecht empfunden.

Das Handwerk hält es für einen grundsätzlichen Fehler, dass der Rundfunkbeitrag an einzelnen Betriebsstätten und nicht am Gesamtunternehmen ansetzt, und dass auch alle Fahrzeuge separat in die Abgabenpflicht einbezogen werden. Dies führt zu oft unzumutbaren Zusatzbelastungen und wird zukünftig zahlreiche Streitfälle schaffen.“

Bilanz der Aktivitäten der Handwerksorganisationen
Zumindest für kleinere Betriebe wurde eine Mehrbelastung verhindert bzw. begrenzt. So wird im Gegensatz zu den Ursprungsplanungen ein Fahrzeug pro Betriebsstätte freigestellt, bis acht Beschäftigte ist nur ein Drittelbetrag zu entrichten und Auszubildende und Minijobber gehen nicht in die Beitragsberechnung ein.

Aber auch für kleinere Unternehmen gilt: Wer aus betrieblichen oder finanziellen Gründen bewusst kein Rundfunkgerät nutzt, wird nunmehr erstmals durch eine Abgabe belastet.

Eine Vielzahl von Detailproblemen haben der ZDH, die Handwerkskammern und die Fachverbände mittlerweile klären können: So wurden Lösungen für die Fahrzeuge des Kfz-Handwerks gefunden, die Internatsbetten in Bildungseinrichtungen des Handwerks bleiben von Zahlungen freigestellt, die Betragsfreiheit von  Spezialfahrzeugen, Marktständen, Baustellen und temporären Servicepunkten ist geklärt. In nächster Zeit werden aber systembedingt noch zahlreiche weitere Spezialfälle zu klären sein!

ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke: „Die größten Belastungen sehen wir auf mittelgroße Handwerksunternehmen mit zahlreichen Fahrzeugen zukommen. Besonders hohe Zusatzlasten kommen auch auf die Unternehmen mit zahlreichen Filialen zu, die es vor allem im Lebensmittelhandwerk gibt. Viele Betriebe sind außerdem durch ihren hohen Anteil von Teilzeitbeschäftigten belastet, die allesamt voll in die Beitragsermittlung eingehen. Diese neuen Kosten addieren sich oft auf viele tausend Euro. Spätestens mit der ersten Beitragsrechnung  wird hier wieder sehr viel Unmut erzeugt werden.“

Rechenbeispiele (alle auf der Basis real existierender Betriebe, anonymisiert):

  • Eine Tischlerei mit 20 Beschäftigten und drei Fahrzeugen, zahlte bisher für ein Radio in der Werkstatt und Radios in allen Fahrzeugen ca. 276 Euro im Jahr. Im neuen System muss das Unternehmen 2 volle Rundfunkbeiträge für die Beschäftigten und zwei Drittelbeiträge für die Fahrzeuge entrichten. Das entspricht 575 Euro im Jahr und damit einer Steigerung um mehr als das Doppelte! Verfügt der Betrieb über weitere Fahrzeuge, steigt seine Zusatzbelastung weiter an.
  • Ein Gebäudereiniger mit 3 Standorten und 269 Beschäftigten hat 9 Fahrzeuge. Insgesamt wurden bis 2012 für alle 12 Radios in den Fahrzeugen und an den Standorten 830 Euro im Jahr an Gebühren entrichtet. Im neuen Modell werden (bei Berücksichtigung des Abzugs von drei Fahrzeugen für die drei Standorte) insgesamt 3667 Euro Rundfunkabgaben fällig, was einem Anstieg der monatlichen Zusatzbelastung um 340 % entspricht!
  • Eine größere handwerkliche Bäckerei mit ca. 430 Beschäftigten, 14 Fahrzeugen und 43 Filialen zahlte bisher bereits 1.030 Euro im Jahr Rundfunkgebühren (im Wesentlichen für die Fahrzeuge). Ab sofort muss sie (insbesondere für alle Filialen) insgesamt ca. 4.200 Euro im Jahr entrichten! Das entspricht einer Vervierfachung!

ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke: „Wir fordern die Landesregierungen auf, die Zusage zu einer zeitnahen Evaluierung des neuen Systems sehr ernst zu nehmen. An erster Stelle unserer Forderungen steht die Herausnahme der überflüssigen Beitragspflicht für Fahrzeuge.

Auch der Bezug auf einzelne Betriebsstätten und die überproportionale Belastung von Teilzeitbeschäftigten gehören auf den Prüfstand. Der Finanzierungsanteil der Wirtschaft muss auch zukünftig insgesamt auf dem bisherigen Niveau begrenzt und gerecht verteilt werden. Nur so ist die - auch von uns gewünschte - Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei den Unternehmen auf Dauer zu sichern.“

Weitere Informationen zur GEZ-Reform finden Sie hier.

Ein Statement von Holger Schwannecke für das Handelsblatt.