15.11.2005

Handwerk steht für Mittelstand schlechthin

"Wer wenn nicht das Handwerk steht für den Mittelstand schlechthin?", fragte Joachim Möhrle, Präsident der Handwerkskammer Reutlingen, bei der diesjährigen Meisterfeier in der Stadthalle Balingen vor rund 800 geladenen Gästen.

Schließlich arbeite jeder achte Beschäftigte in den kleinen und mittleren Betrieben des Handwerks und jeder dritte Auszubildende werde in einem mittelständischen Handwerksunternehmen ausgebildet.

Die Bedeutung des Mittelstandes für unser Land werde allein auf Grund seiner Masse - 99 Prozent aller Betriebe werden zum Mittelstand gerechnet - von der Politik immer wieder gerne hervorgehoben. Leider sehe die Praxis aber oft anders aus: Man kümmere sich lieber um ‚die Großen’.

Der frühere Wirtschaftsminister und Bundeskanzler Ludwig Erhard habe unter Mittelständlern Menschen verstand, „die willens sind, ihre eigene Haut zu Markte zu tragen, also in eigener Verantwortung ihr Schicksal gestalten“.

Er habe persönlich verantwortliche Leistungsträger gemeint, und nicht so sehr ein Profil, wie es die Europäische Union bürokratisch zu definieren suche, das sich allein in Zahlen ausdrücken lasse.

Die 271 neuen Meisterinnen (27) und Meister (244) des Jahrgangs 2005 hätten daher bereits das gemacht, was einen guten Mittelständler ausmache.

Möhrle: „Sie haben Initiative ergriffen und Verantwortung für sich selbst übernommen. Sie haben in Ihre Zukunft investiert und sind damit auch ein gewisses Risiko eingegangen. Kurz: Sie haben unternehmerischen Mut bewiesen, ganz egal ob Sie jetzt einen Betrieb gründen oder übernehmen werden oder ob Sie an verantwortlicher Stelle in einem Unternehmen arbeiten werden.“

Als Meister stünde ihnen die Zukunft offen, so Möhrle weiter. Sie könnten - wie ein aktuelles Beispiel zeige - Minister werden wie der designierte Wirtschaftsminister Michael Glos, der nach einer Lehre im Müllerhandwerk die Meisterprüfung gemacht und den elterlichen Betrieb übernommen habe.

Vor allem könnten sie aber auch in Kürze die Möglichkeit des freien Hochschulzugangs in Baden-Württemberg nutzen, den die Regierungs- und Oppositionsfraktionen im Landtag für Meister im Gesetz verankern wollten.

Dafür habe das Handwerk seit Jahren gekämpft hat, und die langjährigen Bemühungen zeigten jetzt endlich Erfolg. Darüber hinaus verdeutliche der freie Hochschulzugang die Attraktivität einer handwerklichen Ausbildung und das wertvolle praktische Wissen erhalte einen anderen Stellenwert.

Zwar würden nur Einzelne der Jungmeisterinnen und Jungmeister dieses Zugangsrecht in Anspruch nehmen, so Möhrle: „Vor allen Dingen müssen Sie sich aber nicht kleiner machen, als Sie in Wirklichkeit sind. Denn zum einen umfasst die Meisterausbildung schon einen Teil dessen, was an der Hochschule geboten wird. Zum anderen wissen viele Menschen offensichtlich nicht, dass die Perspektive als selbständiger Handwerksmeister mehr bringen kann als ein zusätzlicher akademischer Titel.“

Als besonders erfreulich wertete Möhrle die Tatsache, dass die Handwerkskammer Reutlingen gerade in den jetzt zulassungsfreien Handwerken zum Teil deutliche Steigerungsraten zu verzeichnen habe: „Sie haben offensichtlich begriffen, dass es bei der Meisterprüfung nicht um eine Zwangsveranstaltung geht, sondern dass Sie in jedem Fall die richtige Entscheidung für Ihr Leben getroffen haben. Die richtige Entscheidung für Ihre persönliche Qualifikation, für Ihren beruflichen Weg, für Ihr Glück, für Ihre Zukunftschancen.“