Die Vollversammlung der Handwerkskammer Reutlingen tagte dieses Mal in der Bildungsakademie Tübingen.

23.07.2009

Handwerk will sein Image aufpolieren

Eine auf fünf Jahre angelegte bundesweite Kampagne soll helfen, das Image des Handwerks zu verbessern. Die Vollversammlung der Handwerkskammer Reutlingen hat dem Projekt im Rahmen ihrer Sommersitzung in der Bildungsakademie Tübingen nun grünes Licht gegeben.

„Wir wollen erreichen, dass das Handwerk als wichtige Wirtschaftskraft wieder stärker in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird“, fasste Kammerpräsident Joachim Möhrle zusammen. Dieses Ziel soll über ein zeitgemäßes, positives Erscheinungsbild und eine langfristig gesteigerte Medienpräsenz erreicht werden. Der Startschuss für die von der Agentur Scholz & Friends konzipierten Kampagne soll im Januar 2010 erfolgen. Die Agentur hatte bereits die erfolgreiche Baden-Württemberg-Kampagne „Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“ auf den Weg gebracht.

Präsident Möhrle will in den kommenden Monaten noch weitere Mitstreiter in den Handwerksorganisationen des Kammerbezirks gewinnen. Für den Oktober ist eine Obermeistertagung geplant, auf der das Konzept nochmals ausführlich vorgestellt werden soll.

Was die konjunkturelle Situation des Handwerks angeht, gibt sich Möhrle verhalten optimistisch: „Wir profitieren in dieser schwierigen Wirtschaftslage von unserer Binnenmarktorientierung und von den Privatkunden.“ Anlass für diese Zuversicht geben nicht zuletzt auch die Konjunkturprogramme von Bund und Land, die nach Möhrles Ansicht ihre Wirkung in den nächsten Wochen zeigen werden. Einen weiteren positiven Effekt erwartet er von der besseren steuerlichen Absetzbarkeit von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 2010: „Das wird zu mehr privaten Aufträgen führen.“

Zusätzliches Liquiditätsvolumen von 26 Millionen Euro

Ein zusätzliches Liquiditätsvolumen von etwa 26 Millionen Euro für die Handwerksbetriebe im Kammerbezirk erwartet sich Möhrle von einem Lobbyerfolg der Handwerksorganisationen: Die Bundesregierung hat im Mai die Höchstgrenzen der Ist-Versteuerung rückwirkend zum 1. Januar 2009 auf 500.000 Euro Umsatz erhöht. Bislang lag die Grenze im Westen bei 250.000 Euro, ab der Unternehmen die fällige Umsatzsteuer sofort an das Finanzamt überweisen – und zwar unabhängig davon, ob der Auftraggeber bezahlt hat. Möhrle zeigte sich mit der Neuregelung, die etwa zwei Drittel der Handwerksbetriebe im Kammerbezirk betrifft,  im Wesentlichen zufrieden „Diese Maßnahme setzt am richtigen Punkt an und verbessert unmittelbar und direkt die Finanzsituation der Betriebe.“

Weniger freundliche Worte fand der Kammerpräsident für die Schulpolitik des Landes. Die geplante Ausgestaltung der Werkrealschule bleibe nicht nur hinter den langjährigen Forderungen des Handwerks, sondern auch hinter der im vergangenen Jahr mit dem Kultusministerium gefundenen Kompromisslinie zurück. Für besonders problematisch hält Möhrle die Zugangsbeschränkungen für Klasse 10 der Werkrealschule: „Das ist eine Selektionsstufe, die wirklich niemand braucht.“ Die Landesregierung heble damit die stets propagierte Gleichwertigkeit und Gleichstellung von Werkrealschule und Realschule selbst wieder aus.

Zum Schluss wandte sich Möhrle einem anderen wichtigen Kammerthema zu. Zum Jahreswechsel will die Europäische Union den nächsten Schritt in Sachen Bürokratieabbau machen. Auch die Handwerkskammer Reutlingen wird künftig als „Einheitlicher Ansprechpartner“ Servicestelle und Lotse für Gründer und Unternehmen sein. Intern wird bereits seit etwa zwei Jahren an der praktischen Umsetzung gearbeitet, zum Beispiel an der Digitalisierung von Geschäftsabläufen. Umso ärgerlicher findet es Kammerpräsident Möhrle, dass die endgültige Entscheidung noch aussteht: „Wir hoffen, dass der Landtag nun rasch das notwendige Gesetz beschließt.“