Handwerkerinnen und Handwerker stehen täglich in engem Kontakt mit ihren Kunden. Trotz erprobter Hygienekonzepte können Infektionsketten entstehen. Die Handwerkskammer macht sich darum für eine baldige Impfung von betriebliche Belegschaften stark. Foto: Minerva Studio/Adobe Stock

08.06.2021

Handwerkskammer erfolgreich bei Impfmodell für kleinere Handwerksbetriebe

Viele noch ungeimpfte Handwerkerinnen und Handwerker in der Region sind täglich in engem Kontakt mit ihren Kunden. Dabei können trotz der vielerorts stattfindenden Testungen sowie guter und erprobter Hygienekonzepte durch die handwerkliche Leistungserbringung Infektionsketten entstehen. Viele größere Unternehmen impfen bereits gegen das Corona-Virus. Allerdings drohen kleine Betriebe außen vor zu bleiben, da sie über keine eigenen betriebsärztlichen Infrastrukturen verfügen. Die Kammer wandte sich deshalb mit einem Schreiben an die fünf Landrätinnen und Landräte der zum Bezirk der Handwerkskammer gehörenden Landkreise. Darin macht sie sich für eine baldige Impfung von betrieblichen Belegschaften im Handwerk stark.

„Die derzeitige Debatte zu einer möglichst raschen Durchimpfung der Bevölkerung der Bundesrepublik ist seitens der Politik beim Blick auf die Erwartungshaltung und die Möglichkeiten der Unternehmen der Wirtschaft sehr stark auf größere Betriebe fixiert“, sagt Dr. Joachim Eisert, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Reutlingen. Der Wirtschaftsbereich Handwerk verfüge aber aufgrund seiner typischen Betriebsgrößenstruktur von weniger als 10 Mitarbeitern in 99,9 Prozent der Fälle über keinen eigenen Betriebsarzt, so Eisert weiter. Die Interessen der 13.500 Handwerksbetriebe des Kammerbezirks und ihrer 80.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfen Politik und Verwaltung beim Thema Impfen nicht gleichgültig sein.

Da ab dem 7. Juni die Impfpriorisierungen bundesweit aufgehoben wurden, stellt sich die Frage, wie auch den Handwerkerinnen und Handwerkern im Kammerbezirk verteilungsgerecht und in einem überschaubaren Zeithorizont ein Impfangebot gemacht werden kann. Da die Menge der zur Verfügung stehenden und rasch lieferbaren Impfstoffe noch immer dürftig sei, liefen die bisherigen Ansätze von Impfungen über betriebsärztliche Infrastrukturen letztlich auf eine Privilegierung großer Industrieunternehmen und ihrer Beschäftigten hinaus, so Eisert.

Die Handwerkskammer Reutlingen, die neben den Interessen der ihr zugehörigen Selbständigen auch die der dort beschäftigten Gesellinnen und Gesellen und beruflich qualifizierten Facharbeiterinnen und -arbeitern sowie Auszubildenden vertritt, ist der Ansicht, dass es hier mehr Verteilungsgerechtigkeit geben muss. Das Handwerk der Region mit seinen überwiegend kleinbetrieblichen Strukturen sollte eine ebenso hohe Aufmerksamkeit erfahren wie große Betriebe. Die Kammer bittet die Landräte daher darum, den strukturellen Nachteil der vielen kleinen und mittleren Betriebe beim Impfen angemessen zu gewichten und die Praxis der Impfzentren entsprechend daran auszurichten.

Dieser Hilferuf hat zumindest den Landkreis Sigmaringen mit dem Kreisimpfzentrum in Hohentengen überzeugt. Landrätin Stefanie Bürkle sicherte in einer spontanen Reaktion der Handwerkskammer und dem Handwerk ihres Kreises volle Unterstützung zu.

Mit dem gestrigen Tag konnte die Handwerkskammer auf dieser Grundlage alle ihre Mitgliedsbetriebe im Landkreis Sigmaringen mit bis zu 50 Beschäftigten, die schon vor geraumer Zeit mit der freiwilligen Speicherung der Beschäftigtenzahl und der E-Mailadresse einverstanden waren, mit einem angehängten Formular kontaktieren, in das vom betreffenden Betrieb nur noch die Daten der impfwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzugeben sind. Nach direktem Mailing an das Kreisimpfzentrum wird die dortige Leitung im Rahmen der Möglichkeiten, die der Impfstoffnachschub zulässt, Termine direkt mit den interessierten Betrieben vereinbaren.

„Wir sind Landrätin Bürkle unglaublich dankbar“ sagt Harald Herrmann, Präsident der Handwerkskammer Reutlingen. „Das ist nicht nur ein tolles Bekenntnis zum Handwerk im Kreis Sigmaringen – es ist aktiv gelebte Mittelstandsförderung.“ Er hoffe, so Herrmann, dass sich die weiteren Landkreise des Kammerbezirks diesem eindrucksvollen Beispiel anschließen.