Jeder fünfte Handwerker sucht einen Nachfolger
Jeder fünfte Handwerksbetrieb in den Landkreisen Freudenstadt, Reutlingen, Sigmaringen, Tübingen und Zollernalb sucht in den nächsten fünf Jahren einen Nachfolger – die Hälfte davon sogar bereits in den kommenden zwei Jahren. Weitere sieben Prozent der Handwerker werden ihren Betrieb schließen. Betroffen sind demnach im Bezirk der Handwerkskammer Reutlingen rund 3.700 Betriebe.
Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Handwerkskammer unter repräsentativ ausgewählten Betrieben. Gestützt wird das Ergebnis durch die Umfrage auf Landesebene, die nur unerheblich von den Regionalzahlen abweicht.
Bedenklich sei, so Sylvia Weinhold, Geschäftsführerin Unternehmensberatung bei der Handwerkskammer Reutlingen, dass lediglich fünfzehn Prozent der Betriebe einen Übergabeplan erstellt haben bzw. erstellen lassen wollen. Unverständlich sei das vor allem deswegen, so Weinhold weiter, weil den Betrieben die Schwierigkeiten bei der Betriebsübergabe durchaus bewusst seien. So antwortete mehr als jeder zweite Betrieb auf die Frage, welche Probleme bei einer erfolgreichen Betriebsübergabe auftreten könnten, dass es zunächst prinzipiell schwierig sein könne, überhaupt einen geeigneten Nachfolger zu finden.
Weitere mögliche Probleme sehen die Betriebe bei den Auswirkungen von Marktveränderungen auf den Wert des Betriebes (40 Prozent) – also zum Beispiel ein verändertes Kundenverhalten oder ein nicht mehr zeitgemäßes Dienstleistungsangebot. Aber auch bei der Ermittlung des Unternehmenswertes (39 Prozent) und bei der Finanzierung des Kaufpreises (37 Prozent) sehen die Betriebe Konfliktpotenzial. Neben steuerlichen Aspekten (21 Prozent), der Übernahme des Personals (30 Prozent) und baurechtlichen Auflagen (19 Prozent) spielt auch die nicht gesicherte eigene Altersversorgung (18 Prozent) eine Rolle bei den Überlegungen zur Aufgabe bzw. Weitergabe des Betriebes (Mehrfachnennungen waren möglich).
Auch bei der Frage, in welcher Form der Betrieb einmal übergeben werden soll, lässt sich keine einheitliche Tendenz erkennen. Rund die Hälfte der Betriebe hat sich noch gar nicht bzw. noch nicht endgültig entschieden, welche Nachfolgeregelung getroffen werden soll. Den Gesamtbetrieb verkaufen möchten 17 Prozent der Unternehmer, etwa jeder achte Betriebsinhaber möchte den Betrieb verschenken. Neun Prozent können sich hingegen eine Verpachtung vorstellen und wiederum acht Prozent möchten die Räumlichkeiten vermieten und das restliche Anlagevermögen (Maschinen, Fuhrpark etc.) verkaufen.
Wie der Betrieb übergeben werden soll wird je nach Betriebsgröße – und ob die Nachfolge innerhalb der Familie stattfinden kann – sehr unterschiedlich beantwortet. Verkürzt lässt sich sagen, dass kleine Betriebe verkauft und große Betriebe verschenkt werden (siehe Tabelle).
Der Steuerberater ist für viele Betriebe ein wichtiger Ansprechpartner (46 Prozent). Aber auch die Handwerksorganisationen sind eine wichtige Anlaufstation für Betriebsinhaber, die sich im Vorfeld informieren wollen. Sie nutzen den direkten Kontakt und das Gespräch mit den Beratern (23 Prozent), nehmen an Informationsveranstaltungen teil (23 Prozent) oder informieren sich über die Print- und Onlinemedien der Handwerkspresse (18 Prozent).
Auch bei den Antworten auf die Frage nach den Maßnahmen zur Vorbereitung der Betriebsübergabe spielt die Betriebsgröße eine Rolle: Sowohl kleine Betriebe (bis vier Personen) als auch große Unternehmen (50 und mehr Mitarbeiter) wenden sich seltener an die Handwerksorganisation. „Hier besteht also trotz regelmäßiger Informationsveranstaltungen der Handwerkskammer zum Thema Betriebsübergabe und -übernahme immer noch Aufklärungs- und Sensibilisierungsbedarf,“ meint Sylvia Weinhold. „Dabei bieten wir großen und kleinen Betrieben ein umfangreiches und vor allen Dingen individuell zugeschnittenes Beratungsangebot.“