Die Wirtschaftskrise hat das Handwerk erreicht. Der Konjunkturindikator der Handwerkskammer Reutlingen sinkt - zum siebten Mal in Folge.

01.04.2009

Konjunktur: Im Handwerk brechen die Aufträge weg - Betriebe gehen mit gedämpften Erwartungen in das Frühjahr

Die Handwerksbetriebe im Bezirk der Handwerkskammer Reutlingen bekommen den wirtschaftlichen Abschwung immer mehr zu spüren. Geringere Auftragseingänge, nicht ausgelastete Kapazitäten und ein schwieriges Marktumfeld machten den Unternehmen in den ersten drei Monaten des Jahres zu schaffen. Die Mehrheit der befragten Handwerker beurteilt die aktuelle Geschäftslage inzwischen negativ. Bestätigt wird damit auch eine separat durchgeführte Umfrage bei allen Handwerksbetrieben im Kammerbezirk zur Wirtschaftskrise.

Nach einer repräsentativen Umfrage in den Landkreisen Freudenstadt, Reutlingen, Sigmaringen und Tübingen und Zollernalb verbuchte fast die Hälfte der Betriebe einen Auftragsrückgang gegenüber dem Vorjahreszeitraum (47,9 Prozent). Noch jeder zehnte Betrieb gab an, mehr zu tun zu haben (10,6 Prozent). Zum Jahresbeginn 2008 waren es mit mehr als 20 Prozent noch doppelt so viele.

Dies bleibt nicht ohne Folgen für die Geschäftserwartungen des Handwerks. Immer mehr Betriebe blicken pessimistisch in die Zukunft. Zwar rechnet ein knappes Drittel der Betriebe für die Frühjahrsmonate mit einem Auftragsplus (29,6 Prozent). Gleichzeitig hat sich aber der Anteil derer, die mit Auftragsrückgängen rechnen, innerhalb von zwölf Monaten mehr als verdoppelt (22,3 Prozent; 2008: 10,6 Prozent). Der Konjunkturindikator der Handwerkskammer Reutlingen, der sowohl die aktuelle Lage als auch die Erwartungen der Unternehmen ausweist, rutschte im ersten Quartal 2009 mit –9,7 Punkten in den Minusbereich. Im vorigen Quartal lag dieser Wert bei +9,4 Punkten, im Vorjahr noch bei +24,8 Punkten.

„Immer mehr Betriebe werden vom aktuellen Abschwung erfasst“, sagt Joachim Möhrle. Der Präsident der Handwerkskammer Reutlingen zählt auf die alljährliche  Frühjahrsbelebung, geht aber davon aus, dass sich die Erholung  in diesem Jahr auf einem deutlich niedrigeren Niveau abspielen wird. „Die blendenden Werte der Vorjahre können wir zurzeit nicht erreichen“, fasst Möhrle zusammen.

Hoffen auf das Konjunkturpaket

Besonders hart hat es die Unternehmen erwischt, die für den gewerblichen Bedarf produzieren. Der Konjunkturindikator der Maschinenbauer und Ausrüster fiel auf –18,3 Punkte. Im Vorjahr war diese Handwerksgruppe noch das konjunkturelle Zugpferd im Kammerbezirk. Der Indikator lag damals mit +56,6 Punkten mehr als doppelt so hoch wie im Kammerdurchschnitt.

Kammerpräsident Möhrle sieht allerdings keinen Anlass, in Pessimismus zu verfallen. Er setzt auf das Konjunkturpaket der Bundesregierung, von dem ganz besonders auch das Ausbauhandwerk profitieren soll. Möhrle rechnet fest damit, dass sich das kommunale Investitionsprogramm und die verbesserte Förderung der energetischen Sanierung im Laufe der nächsten Monate positiv auswirken werden. „Während unseren Metallbetrieben die Aufträge aus der Industrie bereits wegbrechen, müssen die konjunkturellen Maßnahmen erst noch greifen“, stellt Möhrle fest.

Was möglich ist, zeigt das Beispiel Abwrackprämie. Die hat sicherlich dazu beigetragen, dass das Kfz-Gewerbe recht zuversichtlich in die kommenden Monate geht. Die Geschäftserwartungen der Autohäuser und Werkstätten erreichen mit 23,3 Punkten den höchsten Wert im Kammervergleich, gefolgt von den Ausbauhandwerkern, die 20,6 Punkte erzielen. Allerdings lohnt sich auch hier der Blick auf das Vorjahresquartal. Vor zwölf Monaten lagen die Erwartungen der Maler, Stuckateure und Heizungsbauer bei 44,4 Punkten, die des Kfz-Gewerbes bei 30,0 Punkten.