17.01.2013

Meister wirbt um Lehrling

Im vergangenen Jahr wurden bei der Handwerkskammer Reutlingen deutlich weniger neue Lehrverträge eingetragen. 1959 junge Männer und Frauen haben ihre Ausbildung in einem Handwerksbetrieb begonnen, 11,6 Prozent weniger als 2011. Wie bereits in den Vorjahren konnten jedoch zahlreiche Ausbildungsplätze nicht besetzt werden.

Hauptgeschäftsführer Dr. Joachim Eisert hält den bloßen statistischen Vergleich für nur bedingt aussagekräftig. „Im Jahr 2011 konnten wir mit einem Plus von 7,8 Prozent die bundesweit höchste Steigerungsrate verzeichnen. Eine solches Ergebnis lässt sich nicht alle Jahre wiederholen.“ Die Bilanz 2012 verdeutliche allerdings, so Eisert, dass es für viele Betriebe grundsätzlich schwieriger geworden sei, qualifizierte Nachwuchskräfte zu gewinnen. „Unsere Ausbildungsbetriebe stehen nicht nur im Wettbewerb mit anderen Branchen, sondern auch in Konkurrenz zu den schulischen Angeboten."

Handwerksgruppen im Detail

Mit 700 neuen Lehrverträgen sind die Elektro- und Metallbetriebe die zahlenmäßig wichtigsten Ausbilder im Handwerk (2011: 800). Mehr als ein Drittel aller Neuverträge in den Landkreisen Freudenstadt, Reutlingen, Tübingen, Sigmaringen und Zollernalb entfallen auf die gewerblichen Zulieferer. Es folgt das Bau- und Ausbaugewerbe, das 439 Neuverträge verzeichnet (2011: 504). Trotz solider Auftragslage fiel der Rückgang in diesen Handwerksgruppen mit 12,5 bzw. 13 Prozent überdurchschnittlich aus.

Auf demselben Niveau liegen die kaufmännischen Ausbildungsberufe (240 Neuverträge; 2011: 268) sowie die Gesundheitshandwerker, Friseure und Kosmetiker (238 Neuverträge; 2011: 272). Deutlich schlechter fiel die Bilanz im Nahrungsmittelhandwerk aus. Während im Jahr 2011 noch 113 Jugendliche eine Ausbildung zum Bäcker, Konditor oder Fleischer begannen, waren es im Jahr darauf nur noch 91. Ein Rückgang von 19,5 Prozent.

Ganz anders sieht es bei den Tischlern, Parkettlegern und Technischen Modellbauern aus. Die „Holzberufe“ weisen als einzige Gruppe einen Zuwachs aus. 121 neue Ausbildungsverträge wurden im vergangenen Jahr geschlossen (2011: 104; +18,2 Prozent).

Wettbewerb um Talente

164 in der Lehrstellenbörse der Kammer ausgeschrieben Stellen konnten im vergangenen Jahr nicht besetzt werden. An der Ausbildungsbereitschaft der Betriebe mangele es nicht, stellt Eisert fest. Verändert habe sich die Wettbewerbssituation. „Betriebe, bei denen früher immer ausreichend Bewerbungen eingingen, müssen heute stärker als bisher auf sich aufmerksam machen und um qualifizierte Nachwuchskräfte werben.“

Dabei werden sie von der Handwerkskammer in vielfältiger Weise unterstützt. So wurden in den vergangenen drei Jahren mehr als 150 Bildungspartnerschaften zwischen Schulen und Betrieben vermittelt. „Das Handwerk mit seinen 120 Ausbildungsberufen bietet Jugendlichen gute Zukunftschancen, und zwar unabhängig vom Schulabschluss“, betont Eisert.

So sehen es vermutlich auch die 153 Abiturienten, die sich im vergangenen Jahr für eine Berufsausbildung im Handwerk entschieden haben. Ihr Anteil an der Gesamtzahl aller neuen Auszubildenden ist im Vergleich zum Vorjahr um knapp 5 Prozent gestiegen. Auch Studienabbrecher sollen zukünftig auf die Berufsmöglichkeiten im Handwerk aufmerksam gemacht werden.