Vom Auslandpraktikum profitieren beide Seiten, meinen Konstantin Bayer und Ausbilder Stefan Heckhoff.

19.06.2017

„So viel wie möglich mitnehmen“

Konstantin Bayer aus Hechingen macht eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker. Während eines Auslandspraktikums hat er vier Wochen lang in einer Werkstatt in Dublin gelernt.

„Vier Wochen mal etwas anders sehen, das fand ich schon spannend“, sagt Konstantin Bayer, angehender Kfz-Mechatroniker im zweiten Lehrjahr beim Burladinger Speditionsunternehmen Barth. Als ihn Ausbilder Stefan Heckhoff im November vergangenen Jahres auf das Projekt „Go for Europe“ des Baden-Württembergischen Handwerkstages hinwies, ging deshalb alles ganz schnell. Einige Tage darauf war das auf Deutsch und Englisch verfasste Bewerbungsschreiben samt Lebenslauf fertig. Die Zusage und die Einladung zu einem Vorbereitungstreffen in Stuttgart folgten wenig später.

Ende April war es dann soweit. Zwölf Auszubildende aus verschiedenen Berufen machten sich auf den Weg in die irische Hauptstadt Dublin. Die erste Woche verbrachten sie, aufgeteilt nach den jeweiligen Vorkenntnissen, in einem halbtägigen Sprachkurs, mit dem Ankommen in den Gastfamilien und dem ausgiebigen Erkunden der Großstadt. Der erste Eindruck war rundum positiv. „Dublin hat eine angenehme und entspannte Atmosphäre“, berichtet Bayer.

Die fand der 18-Jährige auch in seinem Gastbetrieb vor, den „White Knight Mechanics“ im südlichen Teil der Innenstadt. Firmenchef Gavin Haughton und zwei Mitarbeiter reparieren und warten in ihrer freien Werkstatt Fahrzeuge aller Marken und Klassen, vom Pkw über SUV bis hin zum Kleintransporter. Allein schon wegen der Vielfalt der Aufträge sei es ein echtes Kontrastprogramm zum Ausbildungsalltag daheim gewesen, meint Bayer. Und noch einen Unterschied stellt der Auszubildende im zweiten Lehrjahr fest. „Ich konnte sehr viel mehr selbst machen, zum Beispiel den Motorentausch bei einem Fahrzeug allein ausführen.“

Eigenständigkeit frühzeitig zu fördern, darauf kommt es auch Stefan Heckhoff an, obwohl der Ausbildungsplan ein festes Schema verfolgt. „Die Auszubildenden durchlaufen bei uns alle drei Monate eine Station und werden jeweils durch einen Gesellen betreut. Die selbständige Arbeit ist erst ab dem dritten Lehrjahr vorgesehen“, sagt der Kraftfahrzeugtechniker-Meister. Und auch aus einem weiteren Grund lohne sich der Blick in einen anderen Betrieb. „Wir decken als Instandhaltungswerkstatt nur einen Ausschnitt ab. Deshalb ist ein Praktikum ideal, um mit anderen fachlichen Anforderungen in Berührung zu kommen, die sich bei uns nicht stellen.“

Was die technische Ausstattung des Gastbetriebs betrifft, konnte Bayer keine großen Unterschiede zum deutschen Fachbetrieb feststellen. Und auch die Eigenheiten der Fahrzeuge aus dem englischsprachigen Sprachraum, wie die Maßangaben in Inches, sind längst durch internationale Standards abgelöst. Einen Satz Spezialwerkzeuge habe Firmenchef Haughton dennoch vorrätig, berichtet Bayer. Man könne ja nicht wissen, ob nicht irgendwann doch einmal wieder ein altes Fahrzeug auf der Hebebühne stehe.

Apropos Fahrzeuge in Irland. Die seien im Schnitt zwar nicht älter als in Deutschland, aber häufiger in schlechterem Zustand. „Der Stellenwert, den das Auto einnimmt, ist nicht so hoch wie bei uns“, vermutet Bayer. Womöglich sei der Ire auch in dieser Frage einfach entspannter.

Zeit, um die grüne Insel zu erkunden, war ebenfalls vorhanden, sei es auf Wanderungen im ländlichen Umfeld der Großstadt, auf einem Trip nach Nordirland oder mit dem Bus einmal quer durchs Land zu den Cliffs of Moher, den berühmten Steilklippen an der Westküste.

Bayers Fazit fällt knapp aus: „Es hat sich gelohnt.“ Er freut sich darüber, dass sein Englisch besser geworden ist und natürlich über die Erfahrungen, die er sowohl fachlich als auch persönlich gemacht hat. Der finanzielle Aufwand sei mit einem Eigenanteil von 550 Euro überschaubar gewesen, zumal auch der Betrieb etwas zugeschossen habe. Alle weiteren Kosten für Reise, Unterbringung, Versicherungen und Sprachkurs wurden durch das EU-Projekt "Erasmus+" abgedeckt.

Auch Ausbilder Heckhoff ist zufrieden. Bayer ist der zweite Auszubildende aus dem Hause Barth, der einen Auslandsaufenthalt absolviert hat. Heckhoff kann sich gut vorstellen, dass es noch mehr werden, wenn „es geeignete Kandidaten“ gibt. Wer in jungen Jahren vier Wochen in der Fremde zurechtgekommen sei, komme selbstbewusster und gestärkt zurück. Davon profitiere auch der Betrieb. „Wir wollen in der Ausbildung mehr als nur Fachwissen vermitteln. Deshalb sollen Azubis so viel wie möglich mitnehmen.“

Zum Programm

Go for Europe, eine Initiative der baden-württembergischen Wirtschaft, organisiert zwei Mal im Jahr vierwöchige Auslandspraktika für Auszubildende aller Branchen in Großbritannien, Irland, Spanien und Polen. Das Mindestalter beträgt 17 Jahre. Unabhängig vom Alter benötigen alle Teilnehmer die Zustimmung des Ausbildungsbetriebs und der Berufsschule. Die Praktika werden über das EU-Programm „Erasmus+" gefördert. Weitere Informationen gibt es im Internet unter  www.goforeurope.de.